Weltbilder der zeitgenössischen Kunst. Erster Teil: Kollektivität
Weltbilder der zeitgenössischen Kunst: Kollektivität – Widerstand - Solidarität
Erster Teil: Kollektivität
3. Mai 2023 – 19:30 Uhr
BARBONCINO zwölphi (Pudel Club), St. Pauli Fischmarkt 27 - Hamburg
Zahlreiche antisemitische Darstellungen auf der Documenta 15 haben einen seit Jahren schwelenden Konflikt in die breite Öffentlichkeit geholt – und altbekannte Frontbildungen verschärft. Mittlerweile kann ohne Übertreibung von einem Kulturkampf gesprochen werden. Gestritten wird über eine vermeintliche Konkurrenz zwischen der Erinnerung an die Shoah und der Erinnerung an deutsche Kolonialverbrechen. Gestritten wird nicht zuletzt auch über das jeweilige Verhältnis zu Israel. Spätestens durch die Berufung zweier Mitglieder des Künstlerkollektivs Ruangrupa an die HFBK ist dies auch ein Hamburger Streit. Gerade im Kunstfeld wird er vehement geführt. Das lässt die Frage aufkommen, ob zentrale Begriffe in der aktuellen Selbstbeschreibung künstlerischer Praxis nicht selbst ideologische Elemente enthalten, die gewollt oder ungewollt antisemitische Weltbilder reproduzieren. Anhand der Begriffe Kollektivität, Solidarität und Widerstand stellen sich die Gäste unserer dreiteiligen Veranstaltungsreihe dieser wichtigen, aber in der bisherigen Debatte vernachlässigten Frage.
Soviel steht fest: Kollektivität liegt im Trend. Noch nie gab es so viele künstlerische Kollektivewie heute. Sie gewinnen renommierte Preise, leiten Theater, Biennalen undGroßereignisse wie die Documenta 15. Ihre Popularität verdanken sie einemVersprechen: Basisdemokratisch und anti-hierarchisch, gerecht und inklusivsollen sie sein, nahbar und zum Mitmachen anregend. Über globale Grenzen hinwegund gleichzeitig lokal verbunden gelten sie als Wegweiser zu einer neuensolidarischen Sharing-Ökonomie, von der alle profitieren. Auf grundlegendeVeränderungen der Gesellschaft – so die verbreitete Vorstellung – reagierenheutige Kollektive mit einer grundlegenden Veränderung der Kunst. Sieintegrieren politischen Aktivismus, um gesellschaftlichen Fortschrittanzustoßen. Aber geht diese Rechnung auf? Welches Weltbild entwirft die Ideedes Kollektivs in der zeitgenössischen Kunst? Was sind die problematischenImplikationen der damit verbundenen Vorstellung von Gemeinschaft undkultureller Identität?
Es diskutieren
Tina Turnheim (Theatermacherin,Institut für Neue Soziale Plastik)
Ole Frahm(Bildtheoretiker, Comicexperte und Mitglied des Künstlerkollektivs Ligna)
Patrice G. Poutrus(Historiker, TU Berlin)
Hamideh Kazemi(Menschenrechtsaktivistin)
moderiert von
Fabian Bechtle & LeonKahane (Künstler, Forum demokratische Kultur und zeitgenössische Kunst)